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1.2.7 Ist die Nuss zu knacken?

Die Volkskwirtschaft hat ein Problem, der Umstand ist nicht zu übersehen und wurde bereits beschrieben. Vieles was der Autor schreibt, ist trivial. Es reicht aber, an irgendeinem x beliebigen Tag, zum Beispiel am sonnigen 4. Juni 2012, in die Zeitung zu schauen, sich einen Artikel über irgendein Wirtschaftsthema herauszusuchen und dann in der einen oder anderen Form Kritik an der Volkswirtschaftlehre zu finden. Im folgenden nun ein Leserbrief aus der FAZ. Es ging um irgendeinen Aufruf von Professoren über irgendeine Maßnahme im Zusammenhang mit der Finanzkrise.

Sehr geehrte Professoren!

Ihr Brief kam leider zu spät. Die mit der Materie nicht vertraute Mehrheit der Einwohner Deutschlands hätte viel früher fachlich begründet informiert werden müssen, welche Probleme mit der Ratifizierung dieses Vertages auf Europa zukommen. Dann hätten die Einwohner Europas, besonders der Nationen, die zahlen, ihre Politiker dazu zwingen können, nicht die Interessen der Banken, sondern die der Nationen Europas zu vertreten. Dazu wäre es aber notwendig gewesen, auch die Wahrheit über die Ursachen dieser unmäßigen Verschuldungen zu sagen und zu schreiben. Leider ist keines von Beiden geschehen.

In diesem Falle sprechen die Volkswirte in ihrem über die Medien verbreiteten J'ACCUSE ihrem Publikum aus der Seele, die FAZ Leser sind so drauf. Deshalb hat die FAZ das auch abgedruckt. Das bringt Auflage.

Man braucht aber auch nicht lange zu suchen, um auch andere Kommentare zu finden, also so Dinge wie irrelevante Pseudowissenschaft, Hokuspokus, vermehren das Heer der Arbeitslosen, Koffermännchen etc. etc.. Vor allem im Heise Forum, also da, wo besonders viele Ingenieure schreiben, fallen die Kommentare sehr despektierlich aus und man kann nicht Mal immer sagen, dass das so unberechtigt ist.

In diesem Fall allerdings stößt Analyse des professoralen Aufruf auf Zustimmung. Der Kommentar bezieht auf einen Aufruf bekannter VWL Professoren gegen den ESM (European Stability Mechanism) und den Fiskalpakt, ein Thema, das in ein paar Jahren niemanden mehr interessieren wird und der, nach Meinung der Professoren, zu einer "Schuldenunion" führt.

Uns interessiert aber gar nicht der konkrete Bezug, das kann man so oder so sehen. Der Kommentator des Aufrufs der VWL Professoren beklagt, dass der Aufruf zu spät kam. Er sieht also, dass es eine ganz wesentliche, wenn nicht sogar die zentrale Aufgabe der Volkswirtschaftler ist, über mögliche ökonomische Zusammenhänge aufzuklären.

Im Idealfall auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln, denn letztlich soll der Wähler die unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Parteien beurteilen können.

Allerdings hat der Kommentator den eigentlichen Witz vergessen. An keiner Uni wird die Vermittlung von Zusammenhängen als Ziel genannt. Daran scheitert dann unter Umständen auch, wie der Fall plastisch zeigt, die Politikberatung. Offensichtlich interessiert sich die Politik nicht die Bohne für die Meinung der Wirtschaftswissenschaftler, was einen kaum verwundert, wenn man die Beschreibung des Faches, ähnliches lässt sich auf tausend anderen Seiten finden, durch die Uni München betrachtet.

"Die Volkswirtschaftslehre befasst sich mit der Erforschung mikro- und makroökonomischer (= einzel- und gesamtwirtschaftlicher) Zusammenhänge und den Möglichkeiten der Beeinflussung des Wirtschaftsgeschehens durch Gesetzgebung, Notenbank- und Staatsaktivität. Die wirtschaftliche Rolle des Staates wird insbesondere vom Teilbereich Finanzwissenschaft behandelt. Die VWL als Wissenschaft versucht, den Wirtschaftsablauf und seine Gesetzmäßigkeiten zu verstehen. Dafür entwickelt sie Modelle des Wirtschaftsablaufs, die das Verhalten von Haushalten und Firmen in Märkten beschreiben und die Entwicklung von Preisen, Löhnen, Produktion und Handel erklären. Mit Hilfe dieser Modelle kann man die unterschiedlichsten Fragestellungen, die über die gesamte Bandbreite gesellschaftlichen Miteinanders gehen, dann fundiert angehen. Die Methodik, also das Arbeiten mit bzw. in Modellen, kann man entsprechend auch als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal zu Nachbarwissenschaften, insbesondere zur Betriebswirtschaftslehre (BWL) bezeichnen. Während die BWL ihre Fragen meist fallstudienbezogen angeht, ist die VWL immer an der grundsätzlichen Analyse einer Frage interessiert bzw. an der Lösung von Fragen in allgemeingültigen Modellen. Die Arbeitssprache für das Arbeiten mit diesen Modellen ist die Mathematik."

Von sprachlichen Kuriositäten sehen wir mal ab:...dann fundiert angehen; ....fallstudienbezogen angeht. Wir lernen, dass die Volkswirtschaftlehre forscht, soweit so gut. Dann lernen wir noch, dass die Modellbildung das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen VWL und BWL ist, was erstaunlich ist, denn ein Modell ist schlicht die Reduktion der Wirklichkeit auf das Wesentliche, wobei durch den Zweck definiert ist, was wesentlich ist. Ein Autofahrer teilt nicht notwendigerweise die Ansichten eines Geologen in puncto wesentliche Merkmale einer Landkarte. Modelle werden in allen Wissenschaften gebildet, und auch im Alltag gibt es reichlich davon und natürlich auch in der BWL. Modelle enstehen immer dann, wenn man Relevantes und Allgemeingültiges vom Akzidentiellen und Individuellen trennen will. Sie entstehen zum Beispiel nicht in der Literaturwissenschaft, weil man dort eben das Akzidentielle und Individuelle genau verstehen will, wo bei das Akzidentielle und Individuelle, auch eine allgemeine Wahrheit offenbaren kann, wie uns Schiller lehrt.

Im Wahnsinn des Einzelnen
zeigt sich die Wahrheit der Gattung

Huh! Aber zurück zur Ökokaste, die lehrt uns ja in ihrer Individualität auch eine Menge Allgemeines. Wir haben bereits gesehen, und wer es nicht glaubt, soll ein paar Tage lang ein paar Artikel über Wirtschaft in Online erscheinenden Zeitungen verfolgen und sich die Kommentare dazu durchlesen, er wird dann sehen, dass der Effekt der Ökonomenkaste auf den demokratischen Meinungsbildungsprozess, und nur über diesen können, wie bereits gesehen, ihre Erleuchtungen der Menschheit frommen, sehr gering ist. Nicht mal die Politikerkaste, die ist ja eher im Fokus der Wirtschaftswissenschaftler, denn von da kommt die Knete, scheint sich besonders für ihre Erkenntnisse zu interessieren. Das ist es ja, was in dem Aufruf der Professoren so bitter beklagt wird. Der eigentliche Megawitz besteht aber darin, dass sich die Ökokoste nun in einem öffentlichen Brief an die Plebs wendet, die soll es dann über Wahlen wieder richten, oder so ähnlich. Der Aufruf schließt mit einem Appell.

"Bitte tragen Sie diese Sorgen den Abgeordneten Ihres Wahlkreises vor; unsere Volksvertreter sollen wissen, welche Gefahren unserer Wirtschaft drohen."

aus: Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut

Infos und Anmerkungen:

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Das Buch zur Webseite.

 

VWL ist ohne Kommunikation mit der Öffentlichkeit sinnlos

Mehr Staat muss auch immer mehr Transparenz bedeuten

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